Gold aus zweiter Hand ist so gut wie Gold aus erster Hand. Daher halte ich die von Pat Parelli vor vierzig Jahren definierten Zehn Qualitäten heute für genauso wertvoll wie damals. Hier eine kleine Auffrischung  zum Saisonstart:

Diese Zehn Qualitäten eignen sich für jeden Level und jedes Alter. Die ersten vier sind Qualitäten des Miteinanders,  und sprechen somit Pferd und Mensch an. Die Qualitäten fünf bis zehn umfassen die Führungsqualitäten des Reiters.

Je mehr sie uns zur zweiten Natur werden, desto mehr entwickeln wir ein „Händchen“ für Pferde. Außerdem sind sie auch ein Maßstab, an dem wir uns wieder orientieren können, wenn wir merken, dass es irgendwo in der Beziehung oder im Training „klemmt“.

 

  1. Herzblut

Eine Stute und ihr Fohlen sind wohl das beste Beispiel für Herzblut – das Idealbild einer starken, liebevollen Bindung zwischen zwei Lebewesen und ein Vorbild für die Beziehung zwischen Pferd und Mensch. Doch wir Menschen haben aus der Sicht des Pferdes manchmal andere oder zu viele Ziele und hängen unser „Herz“ an Leistung, Erfolg oder an das, was wir in dem Moment halt gerne wollen 😉. Es ist in Ordnung und sogar wichtig, Ziele zu haben, solange sie die Beziehung nicht negativ beeinträchtigen. Eine herausfordernde Balance!

  1. Respekt

In erster Linie aus Sicherheitsgründen, aber auch um grundsätzlich ein Leader zu sein, müssen wir dem Pferd vermitteln, uns zu respektieren. Der Respekt des Pferdes bemisst sich unter anderem an seiner Einstellung und der angemessenen Qualität und Promptheit seiner Antwort. Auch der Respekt vor unserer persönlichen Zone ist enorm wichtig! Gleichzeitig ist es essentiell, dass wir Menschen die Natur und Bedürfnisse des Pferdes respektieren. Diesen gegenseitigen Respekt könnte man „mentale Versammlung“ nennen.

  1. Impulsion oder Antrieb

Impulsion bedeutet „emotionale Versammlung“ und eine kontrollierte Entschlossenheit. Das Ziel ist die Bereitschaft des Pferdes, sich mit unserer Energie und Emotion zu synchronisieren. Dazu müssen wir sehr gute Kontrolle über unsere Emotionen haben, damit wir gegenüber dem Pferd Ruhe und Kompetenz ausstrahlen, auch in „flotteren“ und anspruchsvolleren Situationen.

  1. Flexion oder Biegung

Flexion beginnt mit einem mentalen Verständnis, einer emotionalen Bereitschaft und führt so zur Formung und Biegung des Körpers. Wir streben Bewegungen an, die fließend sind. Verschiedene Zonen des Pferdes sollten gut isoliert mobilisiert werden können, sodass es für das Pferd einfacher wird, sich uns anzupassen und uns schlussendlich widerzuspiegeln. So bekommt jede Bewegung einen dynamischen und harmonischen Ausdruck.

  1. Einstellung und Fokus – Positiv, progressiv und natürlich

Unsere Einstellung soll positiv, fortschrittlich und natürlich sein. Diese drei Aspekte in sich zu vereinen, ist gar nicht so leicht, machen uns jedoch zu einer großartigen Führungsperson. Es gibt Menschen, die sehr freundlich und positiv gegenüber ihren Pferden sind, aber es geht nur wenig vorwärts, was für das Pferd auch frustrierend sein kann. Andere verlassen sich zu sehr auf ihre Hilfsmittel oder benutzen alle möglichen Gebisse oder mechanische Mittel. Und es gibt Menschen, die zwar fortschrittlich und natürlich denken, aber nicht wirklich mit einer positiven Einstellung.

  1. Feel und „Fingerspitzengefühl“

Feel ist schwer zu fassen und für mich etwas Inneres und gleichzeitig etwas Physisches. Pferde müssen sich auf ihr Gefühl verlassen können, um uns zu verstehen, vor allem wenn wir reiten. Auf das Gefühl, das wir übertragen, egal ob wir geschmeidig oder steif sind, werden sie entsprechend reagieren. Außerdem gibt es „Feel“ oder eben das Fingerspitzengefühl für die jeweilige Situation und wie ich darauf reagiere; wie ich mein Pferd berühre oder wie ich die Zügel aufnehme und die „richtigen“ Hilfen gebe. Aber wie lernen wir diesen „Feel“? In vielen Sportarten – aber Pferde sind eben viel mehr als „Sport“ –   gibt es normalerweise etwas, worauf man seinen Fokus lenkt, um natürlicher zu werden. Dich zu fokussieren, innerlich und äußerlich ist sehr förderlich. In der Verbindung mit Einstellung bringt uns ein starker Fokus dem Feel näher.

  1. Timing

Das Timing ist sehr wesentlich, denn Pferde sind sehr „gspürige“ – ein Schweizer Ausdruck von mir muss hier mit rein 😉 – und rhythmische Tiere. Man erspürt das Timing durch die entsprechende Einstellung und den Fokus. Durch optimales Timing wird alles einfacher und leichter.

  1. Balance

Von Geburt an lernt ein Pferd natürlicherweise, alles im Gleichgewicht zu tun. Der Gedanke an Bewegung beginnt im Kopf des Pferdes. Es bereitet seinen Körper vor, bringt ihn in Balance und setzt dann die Füße in Bewegung. Für uns ist der beste Weg, Balance zu erlernen Fokus, Feel und Timing. Wenn wir ein Pferd reiten, sollten wir anstreben, keinen negativen Einfluss auf seine Bewegung und dessen Balance zu haben.

  1. Savvy oder „Gewusst wie“

Wer all dies in Kombination umsetzen kann und wiederholbare Ergebnisse erzielt, die beide Seiten voranbringen, hat Savvy. Die angemessenen Entscheidungen zu treffen wird mehr und mehr zur zweiten Natur. Dazu passt auch der Spruch: Savvy is… knowing where to be, why to be and what to do when you get there…

  1. Erfahrung

Wir lernen aus unseren eigenen Erfahrungen. Gleichzeitig es ist so wertvoll, von den Erfahrungen anderer zu profitieren, den guten und den schlechten. Erfahrungen sammeln wir nur durch Investition in eine Sache. Erfahrung – im Unterschied zu manchen „Traditionen“ – lässt uns weisere Entscheidungen treffen und effizienter und vertrauenswürdiger handeln.